22/12/2014
Von Gerd Höhler
Am Dienstag erleben die Griechen den zweiten Anlauf zur Präsidentenkür – einen Tag vor Heiligabend. Für die Menschen in Griechenland wird es kein unbeschwertes Fest: 36 Prozent der Griechen leben an der Armutsgrenze.
In der Ermou-Straße herrscht reges Treiben. Athens traditionsreichste Einkaufsstraße, nach Hermes benannt, dem antiken Gott der Kaufleute, ist weihnachtlich geschmückt. Man begegnet vielen Passanten – sieht aber wenige Einkaufstüten. Auf dem Syntagmaplatz, in den die Ermou-Straße mündet, steht ein mit Lichtern geschmücktes Schiff – das traditionelle Weihnachtssymbol der Seefahrernation. Die städtische Big-Band unterhält die Passanten mit Jazzmusik und Weihnachtsliedern. Die Menschen wünschen einander „kala christougenna“, fröhliche Weihnachten. Das Wetter spielt mit: Am Montag strahlt die Sonne von einem tiefblauen, wolkenlosen Himmel, das Thermometer zeigte 15 Grad. Aber eine unbeschwerte Festtagsstimmung will dennoch nicht aufkommen. Die Griechen haben seit Beginn der Krise im Durchschnitt ein Drittel ihrer Realeinkommen verloren. 36 Prozent der Bevölkerung leben an der Armutsgrenze.
Für viele ist ein Weihnachtsbaum unerschwinglich
Nach sechs Jahren Rezession wächst die griechische Wirtschaft seit Mitte 2014 zwar wieder ein wenig. Aber die Löhne sind in diesem Jahr erneut um rund vier Prozent gesunken. Die Arbeitslosenquote geht zwar leicht zurück, ist aber mit fast 26 Prozent immer noch extrem hoch. Arbeitslosengeld gibt es maximal ein Jahr lang, eine Grundsicherung wie Hartz IV kennt Griechenland nicht. Die Folge: Nur zwei von zehn Arbeitslosen bekommen staatliche Unterstützung. Da ist für viele Familien selbst ein Weihnachtsbaum unerschwinglich. Athen und die anderen Städte sind zwar festlich beleuchtet, doch der Schmuck fällt deutlich bescheidener aus als in den „goldenen“ 2000er Jahren.
Die Anzeichen der Krise sind allgegenwärtig. So sieht man jetzt immer mehr Autos, die ohne Nummernschilder am Straßenrand stehen. Viele Autobesitzer haben kein Geld für die jetzt fällige Kfz-Steuer des kommenden Jahres. Sie schrauben deshalb die Kennzeichen ab, geben sie bei den Steuerämtern zurück und lassen ihre Autos einfach stehen. Viele Einzelhandelsläden sind geschlossen, die Schaufenster leer – die Händler haben aufgeben müssen.
Und wenn der Strom der Passanten versiegt und der Abend anbricht, sieht man Menschen, die in den Müllcontainern nach Verwertbarem suchen.
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