Παρασκευή 28 Μαΐου 2021

„Kommen Sie nach Griechenland!“


27/5'2021


Von: PAUL RONZHEIMER UND LIANA SPYROPOULOU


Die Corona-Inzidenzen fallen auch in Griechenland, eine Quarantänepflicht für Reisende aus Deutschland ist aufgehoben, trotzdem stuft das Auswärtige Amt das Land noch als Risikogebiet ein.

BILD sprach mit Griechenlands Regierungschef Kyriakos Mitsotakis (53) darüber, wie der Sommerurlaub in seinem Land dieses Jahr aussehen wird – und aus aktuellem Anlass über die Entführung des Journalisten Roman Protasewitsch durch Belarus.


BILD: Guten Abend, Herr Ministerpräsident! Danke, dass Sie uns hier in der wunderschönen Umgebung der Akropolis empfangen. Was glauben Sie, wie viele Deutsche werden in diesem Jahr die Akropolis hinaufsteigen? Wie viele deutsche Touristen werden Sie empfangen?

Kyriakos Mitsotakis: Hoffentlich so viele wie möglich! Wir möchten das Land für den Tourismus öffnen. Das haben wir auch bereits getan, aber wir wollen die Sicherheit gewährleisten. Wir sind ein sicheres Reiseziel. Die Impfungen gehen schneller voran, und mithilfe des digitalen Zertifikats der EU werden die Menschen wieder verreisen. Ich weiß, dass auch viele Deutsche reisen möchten. Sie wollen in den Süden. Griechenland war immer ein bevorzugtes Reiseziel. Und wir ermutigen sie, Griechenland für ihren Sommerurlaub in Betracht zu ziehen. Nicht nur Athen mit der Akropolis und seinen anderen Sehenswürdigkeiten, sondern auch unsere wunderbaren Inseln. Diese Saison werden wir hoffentlich eine viel bessere Saison erleben als vergangenes Jahr.


BILD: Sie sprachen von dem digitalen Zertifikat. Ab dem 1. Juli wird es in der EU zur Verfügung stehen. Griechenland wird schon am 1. Juni dafür bereit sein. Findet in der EU eine weitere Verzögerung statt? Werden daraus Probleme für den Tourismus in Griechenland entstehen?

Mitsotakis: Zunächst einmal: Wenn die Leute jetzt verreisen wollen, können sie das tun. Wir benötigen nur entweder einen Impfnachweis oder einen negativen Test oder einen Nachweis einer Genesung. Also im Grunde dieselben Informationen, die im digitalen Zertifikat enthalten sein werden. Wir verlangen diese Informationen im Moment, damit wir nicht auf das digitale Zertifikat auf EU-Ebene warten müssen, um das Land für den Tourismus zu öffnen.


BILD: Die EU war also wieder extrem langsam: Nach dem Versagen bei der Impfung scheitert auch dieses Vorhaben?

Mitsotakis: Nein. Die EU war langsam bei der Beschaffung der Impfstoffe.

BILD: Ich finde, sie war extrem langsam …

Mitsotakis: Was ich Ihnen allgemein sagen kann: Wir als mittelgroßes Land sind froh, dass die EU auf europäischer Ebene Impfstoffe gekauft hat. Ansonsten hätten die großen Länder wie Deutschland wahrscheinlich die gesamten Impfstoffe gekauft und uns nichts übrig gelassen. Also: Ja, die EU ist langsam. Hier müssen 27 Mitgliedstaaten koordiniert werden. Das digitale Impfzertifikat war meine Idee. Ich schlug die Idee vor vier Monaten erstmals vor. Das Zertifikat wird kommen. Nach EU-Maßstäben ist das schnell!

 
BILD: Reden wir über den Lockdown in Griechenland. Sie schlossen das Land nach der Tourismus-Saison. Dann öffneten Sie es wieder vor der Tourismus-Saison, als gäbe es wundersamerweise kein Corona, wenn die Touristen da sind!

Mitsotakis: Das ist eine interessante Frage … Wir haben das Land mehr als ein Mal geschlossen. Zunächst im April und Mai. Im Oktober und November hatten wir einen zweiten Lockdown. Und dann einen dritten Lockdown im Januar. Ganz ähnlich wie in Deutschland. Der Grund, warum wir jetzt die Maßnahmen lockern können, hat nichts mit der Tourismus-Saison zu tun. Der Grund ist genau derselbe, warum überall in Europa die Maßnahmen gelockert werden. Wir haben immer weniger Fälle. Es gibt weniger Krankenhauseinweisungen. Das Wetter hilft. Und natürlich sind da die Impfungen. Das ist der Grund, warum wir lockern.

BILD: Dennoch waren die Leute vergangenes Jahr überrascht, dass Sie das Land direkt nach der Tourismus-Saison dichtmachten. Was die die Zahlen in Griechenland betrifft, gab es vielleicht in Bezug auf Corona falsche Statistiken?

Mitsotakis: Auf keinen Fall! Alle Statistiken sind von der Europäischen Union geprüft. Wir haben sehr gründlich über alle Fälle Bericht erstattet. Aber es hat seinen Grund, dass wir im Herbst mehr Fälle hatten als im Frühjahr: Wir haben mehr getestet. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Im Frühjahr hatten wir keine Antigen-Tests. Im Frühjahr wussten wir nicht exakt, wie viele Fälle es gab. Die Fakten besagen jedoch zum Beispiel in Bezug auf Krankenhauseinweisungen und Todesfälle pro 100 Millionen, dass Griechenland besser dasteht als der EU-Durchschnitt.

BILD: Wie werden deutsche Touristen Griechenland in diesem Sommer erleben? Momentan besteht zum Beispiel nach Mitternacht eine Ausgangssperre. Es gibt keine Musik in Restaurants und Bars.

Mitsotakis: So wie die meisten europäischen Länder haben wir eine Roadmap. Und hoffentlich werden wir weitere Lockerungen der Maßnahmen vornehmen können, während sich die Lage verbessert. Und sie wird sich bessern, da bin ich mir sicher. Wenn die Touristen kommen, wird es also Musik geben.

ABILD: Ab diesem Wochenende?

Mitsotakis: Nein, dann noch nicht. Wir warten noch darauf, dass unsere Experten sagen, wann der richtige Zeitpunkt ist. Der Grund ist einfach: Wenn Musik läuft, reden die Leute lauter miteinander …

 
BILD: Finden Sie, die Deutschen singen zu viel „Griechischer Wein“ von Udo Jürgens?

Mitsotakis: Wir alle singen im Sommer zu viel. Und der Wein ist für uns alle gleichermaßen angenehm. Aber es wird im Sommer Musik geben. Ich gehe auch davon aus, dass die Ausgangssperre nach hinten geschoben wird. Es wird also zu 90 Prozent ein normaler Sommer sein. Wie Sie sehen, ist das Land offen, alles läuft. Ja, wir essen draußen anstatt innen. Das ist in Griechenland normal. Der Zugang zu unseren Stränden ist natürlich begrenzt. Wir werden beim Amüsement etwas vorsichtiger sein als normalerweise. Aber insgesamt wird es ein großartiges Erlebnis sein!

BILD: Diese Woche gab der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn vor allem Urlaubsrückkehrern die Schuld für die zweite Welle in Deutschland. Sind Sie und andere Länder zum Teil verantwortlich für die Corona-Fälle in Deutschland?

Mitsotakis: Ich habe nicht gehört, was Jens Spahn gesagt hat. Ich kenne ihn, ich respektiere ihn sehr. Wenn ich mir die Zahlen in Deutschland ansehe, ist mir durchaus aufgefallen, dass sie im November und Dezember anstiegen. Viel später also als das Ende der Urlaubssaison. Wenn Sie sich die Zahlen in Griechenland ansehen und unsere Inseln, die wichtigsten Reiseziele, dann gab es niemals eine große Welle auf Rhodos, Korfu oder Kreta. Die Fälle konzentrierten sich auf Nordgriechenland und Athen. Ich erkenne da also keine Korrelation zum Tourismus. Wir wussten alle, dass eine dritte Welle kommen würde. Deswegen mussten wir Maßnahmen ergreifen. Der Virus ist saisonal. Die Experten hatten uns gewarnt. Möglicherweise dachten wir nach der ersten Welle, wir hätten es jetzt hinter uns. Das war eindeutig nicht der Fall. Aber da wir nun über die Impfung als Waffe verfügen, sehen wir nun den Anfang von Ende.

BILD: Da Sie die Inseln erwähnten: Auf einigen beliebten Inseln wie Zakynthos oder Kefalonia ist die Zahl der geimpften Menschen prozentual niedriger, als es die Regierung möchte. Wie werden Sie die Einwohner und Touristen schützen? Und was passiert, wenn es dort zu Problemen kommt? Werden Sie einen lokalen Lockdown verhängen?


Mitsotakis: Lassen Sie mich zunächst einmal sagen, dass wir entschieden haben, unsere Inseln vollständig vor dem Festland zu impfen. Die deutschen Touristen sollten das wissen. Wir haben mit den kleineren Inseln angefangen und wenden uns nun den größeren Inseln zu. Wir haben für alle Menschen über 18 Jahren Impfstoffe zur Verfügung gestellt. Wir verwenden auch den Johnson & Johnson-Impfstoff, der in nur einer Dosis verabreicht werden muss. Deswegen können wir bei den Impfungen auf den Inseln viel schneller sein. Es stimmt, dass es auf einigen Inseln nicht so gut läuft wie auf anderen. Aber da wir mit unseren Daten sehr transparent umgehen, haben wir den Leuten auf diesen Inseln gesagt: Wir wollen schneller impfen. Und ich bin mir sicher, dass es in den nächsten Wochen auch so kommen wird. Ich mache mir da keine großen Sorgen. Aber deutsche Touristen, die unsere Inseln besuchen, sollten wissen, dass wir beschlossen haben, die Inseln vor dem Festland zu impfen. Auf den Inseln geht das Impfen also schneller voran als auf dem Festland.

BILD: Rechnen Sie bis zur Hauptsaison im August/September mit Herdenimmunität?

Mitsotakis: Davon gehe ich aus. Wenn wir uns die Impfgeschwindigkeit in Griechenland ansehen: Wir impfen jeden Tag mehr als 100 000 Menschen. Das ist ein Prozent der Bevölkerung. Der Vorgang verläuft sehr gut. Nun lassen wir auch jüngere Menschen zu. Mittlerweile sind die jüngeren Leute eher für das Virus anfällig. Sie werden aber nicht schwer krank. Deswegen gehen die Krankenhauseinweisungen stark zurück.

BILD: Wie viel Prozent sind erforderlich, damit sämtliche Einschränkungen aufgehoben werden – keine Masken auf den Inseln oder Booten, unbekümmertes Tanzen, große Feste … Wann wird das so weit sein?

Mitsotakis: Das scheint Sie ja sehr zu interessieren! Das verstehe ich auch voll und ganz … Vor einem Monat, als die Lage noch nicht sehr gut war, sagte ich den Leuten: In einem Monat wird alles viel besser sein. Und jetzt ist alles viel besser. Ich kann Ihnen jetzt sagen, dass es Ende Juni deutlich besser sein wird. Was die Hauptsaison betrifft – den Juli, August –, so gehe ich davon aus, dass sie so ziemlich wie ein normaler Sommer aussehen wird.

BILD: Was ist mit den Masken? Werden sie den ganzen Sommer, Herbst über nötig sein?

Mitsotakis: Das hängt davon ab, was uns die Experten sagen. Ich gehe davon aus, dass Masken definitiv im Gebäudeinneren nötig sein werden. Draußen müssen Sie keine Maske tragen, wenn Sie in einem Restaurant essen. Das sage ich deutlich. Sie betreten das Restaurant mit Ihrer Maske, dann nehmen Sie sie ab, während Sie essen.

BILD: Die seltsamste Regel, auf die ich hier in Griechenland gestoßen bin, lautet, dass man mit nur maximal einer anderen Person im Taxi fahren darf. Alles andere ist gefährlich! Da frage ich mich: Warum ist es nicht gefährlich, mit sechs anderen Leuten an einem Tisch zu sitzen, aber in einem Taxi …

Mitsotakis: Weil es 18 Mal wahrscheinlicher ist, dass sich das Virus im Inneren überträgt. Und ein Taxi ist ein sehr enger Ort. Wir haben uns das alles nicht einfach ausgedacht. Das möchte ich ganz deutlich sagen. Wir haben sehr gute Experten, so wie Sie auch, etwa beim Robert-Koch-Institut. Die Experten sind nicht immer einer Meinung. Es kann unterschiedliche Auffassungen geben. Aber wir haben immer auf die Ratschläge der Experten gehört. Ich gehe davon aus, dass die Maßnahmen gelockert werden, während immer mehr Menschen geimpft werden. Wir nähern uns der Herdenimmunität.


BILD: Haben Sie dafür ein Datum?

Mitsotakis: Seit Beginn haben wir diese Woche den Fünf-Millionen-Meilenstein erreicht. Wir haben also fünf Millionen Impfungen verabreicht. Unsere Bevölkerung beträgt zehn Millionen. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, erwarte ich eine Herdenimmunität – und nicht nur in Griechenland, sondern in Europa! Denn mich interessiert auch, was in Deutschland passiert. Ich will das Land öffnen, aber auf sichere Weise. Das möchte ich noch einmal sagen. Wir behalten einige dieser Einschränkungen bei, weil …

BILD: Wann rechnen Sie also mit Herdenimmunität?

Mitsotakis: Irgendwann im Sommer. Und nicht nur in Griechenland, sondern auch im restlichen Europa. Es hängt von der Definition von Herdenimmunität ab – 65 Prozent oder 70 der Bevölkerung. Wichtig ist auch, dass die Impfstoffe jetzt für Jugendliche zugelassen werden. Wir erwarten eine europäische Zulassung, damit wir anfangen können, jüngere Kinder ab zwölf Jahren zu impfen. Das wird wichtig für das Schuljahr. Aber wir haben immer noch einige Einschränkungen, weil wir wollen, dass sich die Menschen sicher fühlen. Wir wollen sicher sein, die Touristen wollen sicher sein. Und wenn Sie nach Deutschland zurückkehren, findet das unter denselben Bedingungen statt. Wenn ich einen Antigen-Test benötige, um einen deutschen Touristen im Land zu begrüßen – sofern er oder sie nicht geimpft ist–, sollte Deutschland auch einfach einen Antigen-Test für die Rückkehr verlangen. Das ist ja auch der Fall. Das ist nicht schwierig. Die Tourismus-Industrie hat sich um all diese Fragen gekümmert. Es ist überall sehr leicht, getestet zu werden. Die Leute sollten sich also keine Gedanken machen, ob Tests verfügbar sind, um nach Deutschland zurückzukehren.

BILD: Sind Sie optimistisch, was die Tourismussaison betrifft? Vergangenes Jahr waren die Gewinne gering. Die Einkünfte aus dem Tourismus machen ein Fünftel des Bruttosozialprodukts aus. Was ist Ihr Plan, falls die Saison nicht gut läuft? Gibt es einen Plan B?

Mitsotakis: Vergangenes Jahr kamen 25 Prozent der Zahl an Touristen des Jahres 2019 zu uns. Also einer von vier. Dieses Jahr gehen wir für unseren Haushalt davon aus, dass einer von zwei kommen wird. Wir steigern uns also von 25 auf 50 Prozent. Die Entwicklungen sind ermutigend. Aber ich kann die Zukunft natürlich nicht vorhersagen. Ich muss mit den besten Schätzungen arbeiten, die wir haben. Ich bin verhalten optimistisch. Der Tourismus ist sehr wichtig für Griechenland. Aber er ist nicht der einzige Wirtschaftszweig, den wir in Griechenland haben. Uns stehen weitere Instrumente zur Verfügung. Wir haben viel Geld aus Europa. Wir werden es klug einsetzen. Wir wollen es investieren, anstatt es auszugeben. Die europäischen Institutionen werden unseren Vorhaben sehr bald abschließend zustimmen. Wir schaffen also neue Arbeitsplätze.

BILD: Besteht die Gefahr eines neuen IWF-Plans? Können Sie versichern, dass Griechenland kein weiteres Geld benötigen wird, wenn Ihre Absichten scheitern?

Mitsotakis: Wir brauchen definitiv kein Geld. Das ist ein Thema aus dem vergangenen Jahrzehnt. Griechenland ist ein normales europäisches Land. Es leiht sich Geld zu Zinsen, die so niedrig sind wie nie zuvor …

BILD: Es besteht also kein Risiko? Falls die Tourismus-Saison schlecht läuft …

Mitsotakis: Überhaupt nicht! Und wir sollten nicht vergessen, dass die Pandemie uns alle betroffen hat. Griechenland hatte nicht die größte Rezession. Anderen Ländern ist es schlechter ergangen als Griechenland. Uns ist es im Zusammenhang mit der Pandemie besser ergangen als den meisten europäischen Ländern. Damit haben nicht viele Leute gerechnet! Wenn Sie sich die internationalen Agenturen und Banken ansehen, erwarten alle eine stabile Erholung. Ich denke, wir stehen nach der Pandemie gut da. Aber die Pandemie hat in allen Ländern großen Schaden angerichtet – nicht nur in Griechenland.

BILD: In einem europäischen Magazin gab es einen seltsamen Kommentar: Ihr Land sei zum Streber geworden! Finden Sie das schmeichelhaft oder beleidigend?

Mitsotakis: Wir sind keine Streber. Wir sind nicht das Hündchen des Lehrers ... Ich habe ein schönes Haustier, ich habe einen entlaufenden Hund adoptiert, der im Haus des Ministerpräsidenten lebt. Wir operieren auch nicht mehr in einer Umgebung, in der es Lehrer gibt, die uns betreuen. Wir sind ein souveränes Land. Wir befinden uns immer noch unter einer Beobachtung im Anschluss an das Programm. Aber die Veränderungen, die wir vornehmen wollen, sind richtig für das Land. Also ja, manchmal finde ich diese Art von Kommentaren zwar nicht unbedingt beleidigend, aber sehr naiv. Vielleicht verstehen die Leute, die so etwas schreiben, das Land nicht sehr gut. Und sie verstehen nicht, dass das Griechenland des Jahres 2021 nichts mit dem Griechenland des Jahres 2015 oder 2010 gemein hat. Es ist ein anderes Land.

 
BILD: Vor ein paar Wochen bot Ihnen die deutsche Regierung Geld an, wenn Sie Flüchtlinge aus Deutschland zurücknehmen. Würden Sie auf ein solches Angebot eingehen?

Mitsotakis: Wir werden unseren europäischen Verpflichtungen nachkommen, aber das ist nicht einfach eine Frage des Zurücknehmens von Flüchtlingen, die aus Griechenland kamen. Ich bitte alle europäischen Länder, Griechenland und den anderen südeuropäischen Ländern beim Umgang mit dem Flüchtlingsproblem zu helfen. Deutschland hat seinen Beitrag geleistet, finde ich.

BILD: Aber es gab ein konkretes Angebot des deutschen Innenministers Horst Seehofer. Er hat verkündet, wir würden dafür bezahlen, wenn Griechenland die Flüchtlinge aufnimmt.

Mitsotakis: Nun, wenn Deutschland Häuser für diese Flüchtlinge bauen kann, können wir über das Angebot reden. Aber ich kann den Flüchtlingen nicht etwas anbieten, das ich den Bürgern Griechenlands nicht anbieten kann. Das sage ich ganz klar, denn wir haben eine begrenzte Zahl an Sozialwohnungen in Griechenland.

BILD: Es ist immer noch die Rede von inakzeptablen Bedingungen für Flüchtlinge in Griechenland. Es gab es einen Gerichtsbeschluss, dass diese Flüchtlinge nach Griechenland zurückkehren könnten.

Mitsotakis: Wir haben die Migrationsströme deutlich reduziert. Und darüber sind wir froh, denn wir schützen nicht nur Griechenlands Grenzen, sondern auch die Grenzen Europas. Gleichzeitig haben wir Hunderte, Tausende von Menschen auf dem Meer gerettet. Unser Ziel lautet immer, dass niemand auf dem Meer zu Tode kommt. Wir bearbeiten Asylanträge viel schneller als in der Vergangenheit. Die Bedingungen für die Flüchtlinge haben sich deutlich verbessert. Es war meine Regierung, die sich des Problems der unbegleiteten Minderjährigen angenommen hat. Deutschland hat uns dabei geholfen. Wir haben bei Regierungsantritt eine furchtbare Situation übernommen, die völlig inakzeptabel war. Jetzt befinden sich in den Lagern keine Kinder mehr. Sie sind in geschützten Umgebungen, so wie es sein sollte. Viele wurden in andere europäische Länder gebracht, denen ich sehr dankbar bin, dass sie sie aufgenommen haben.


BILD:Reden wir über den Fall Protasewitsch! In den vergangenen Tagen wurde das Thema ausführlich diskutiert. Wir wissen, dass er zuvor in Griechenland war. Was wissen Ihre Regierung und Ihre Nachrichtendienste darüber, was er hier getan hat? Wurde er hier bereits von Agenten verfolgt?

Mitsotakis: Ich habe viele interessante Spionagetheorien gehört! Keine davon konnte bestätigt werden. Wir wissen, dass Protasewitsch und seine Freundin hier Urlaub gemacht haben. Wir wissen, dass sie den Oppositionsführer begleitet haben, der wegen des Delphi Economic Forums hier war. Wir haben absolut keinen Hinweis darauf, dass ein Agent an Bord des Flugzeugs war oder dass Protasewitsch verfolgt oder bedrängt wurde. Ich habe viele dieser Theorien gelesen. Es ist ganz klar, was geschehen ist: Dies war ein Akt staatlich geförderter Piraterie. Der Befehl der Regierung von Belarus lautete vorzugeben, an Bord befände sich eine Bombe, während das Flugzeug den belarussischen Luftraum überquerte. Das Flugzeug wurde einzig und allein aus dem Grund nach Minsk umgeleitet, um Protasewitsch festzunehmen. Wir wissen genau, was geschehen ist – und was nicht!

BILD: Sind Sie zufrieden mit den Sanktionen gegen Belarus?

Mitsotakis: Ich habe beim Europäischen Rat darauf gedrängt, die Sanktionen zu verstärken. Einer der Gründe lautete, dass das Flugzeug in Athen gestartet war. An Bord waren Griechen. Leben wurden gefährdet. Die Flugsicherheit ist von größter Wichtigkeit. Wir können ein solches Verhalten in Europa nicht hinnehmen. Die Sanktionen sind spürbar. Sie betreffen nicht nur Personen, sondern auch Unternehmen und möglicherweise Wirtschaftsbereiche. Und ich halte den Beschluss für angemessen, Flüge aus Minsk und Belarus nicht auf europäischen Flughäfen landen zu lassen.

BILD:Aber es passiert immer noch. Wenn Sie sich den Luftraum einiger ansehen … Sie dürfen immer noch landen.

Mitsotakis: Davon weiß ich nichts. Ich sage nicht, dass es nicht passiert, aber ich weiß nichts davon. Aber wir senden ein klares Signal aus. Und wir haben schnell reagiert. Wie Sie wissen, ist Europa nicht immer sehr schnell darin, Beschlüsse zu fassen, wenn es um die Außenpolitik geht. Wir haben ein wichtiges Signal gesendet, dass diese Art von Verhalten nicht toleriert werden wird und dass das Regime für sein Handeln schmerzhafte wirtschaftliche Folgen spüren wird.

BILD: Im Europäischen Rat waren einige Länder gegen diese Sanktionen.

Mitsotakis: Nein, es war ziemlich leicht, eine einstimmige Zustimmung zu finden. Verglichen mit anderen Diskussionen, die wir hatten …

BILD: Wie zum Beispiel?

Was im Rat passiert, bleibt im Rat!

BILD:Es gibt auch Diskussionen, dass KGB-Agenten bereits in Athen waren und Roman im Flugzeug folgten.

Mitsotakis: Lassen Sie mich wiederholen: Wir haben keinerlei Hinweise darauf, dass KGB-Agenten oder andere Sicherheitsbeamte im Flugzeug saßen. Keine, null. Und wir haben das ganz genau nachgeforscht.

BILD: Wer waren dann die Leute, die drohten, dass das Flugzeug landen müsse?

Mitsotakis: Soweit ich weiß, hat der Kontrollturm das Flugzeug angerufen. Niemand an Bord des Flugzeugs war in irgendwelche Aktivitäten verwickelt.

BILD: Was wir von Roman hörten, ist, dass ihn Leute in Athen fotografiert hätten, sein Pass sei fotografiert worden ...

Mitsotakis: Ich kann hier nicht auf Einzelheiten eingehen. Ich kann nicht bestätigen, dass das am Flughafen geschehen ist.

BILD: Im Flugzeug saßen also keine Agenten?

Mitsotakis: Soweit wir wissen und auf Grundlage der Arbeit, die wir geleistet haben – und natürlich arbeiten wir mit Nachrichtendiensten zusammen –, gibt es keinen Hinweis darauf, dass sich Agenten an Bord befanden.


BILD:Was bedeutet das letzten Endes? Wie kann Roman freikommen? Wie viel Druck ist dafür nötig?


Mitsotakis: Zunächst einmal muss die Diskussion fortgeführt werden. Wir sollten Roman und Sofia nicht in einer Woche oder einem Monat vergessen haben! Wir müssen klar im Kopf behalten, was geschehen ist. Wir müssen den Druck aufrechterhalten und verdeutlichen, dass dies kein einmaliger Beschluss war, den wir getroffen hätten, um uns dann dem nächsten Problem zuzuwenden. Wir haben ein Interesse daran, so vorzugehen. Wir alle als europäische Bürger und Spitzenpolitiker sind verpflichtet, uns um die Freilassung von Roman und seiner Freundin zu bemühen. Aber auch, dass andere politische Häftlinge in Belarus freigelassen werden, denn Roman ist nicht der einzige. Es gibt noch mehr.

 
BILD: In einigen Monaten wählt Deutschland die neue Kanzlerin oder den neuen Kanzler. Werden Sie Bundeskanzlerin Merkel vermissen?


Mitsotakis: Ich habe eine sehr gute Beziehung mit Kanzlerin Merkel. Wir waren nicht immer einer Meinung. Wir hatten einige hitzige Debatten. Ich habe enormen Respekt für sie. Als Ministerpräsident in Europa findet der Austausch zwischen uns meist im Europäischen Rat statt. Ich kann Ihnen sagen, dass sie definitiv die erfahrenste Regierungschefin im Rat ist. Sie ist eine Stimme der Vernunft. Doch Deutschland ist eine sehr starke Demokratie. Keine Demokratie ist von einer einzelnen Person abhängig. Irgendwann enden alle politischen Karrieren. Es war die Entscheidung von Kanzlerin Merkel, nach vier Amtszeiten nicht noch einmal zu kandidieren. Deutschland wird den nächsten Schritt machen und eine neue Kanzlerin oder einen neuen Kanzler wählen.


BILD: Es gibt es drei Kandidaten: Annalena Baerbock von den Grünen, Olaf Scholz von den Sozialdemokraten und Armin Laschet von der CDU. Wen würden Sie bevorzugen?

Mitsotakis: Das kann ich Ihnen nicht sagen! Das ist die Entscheidung der deutschen Bevölkerung. Natürlich gehören wir zur selben politischen Familie wie die CDU/CSU, aber es wäre anmaßend von mir, irgendwelche Ratschläge oder Präferenzen im

Zusammenhang mit einer so wichtigen Wahl anzubieten.

BILD: Vielen Dank, Herr Ministerpräsident! Wir wünschen Ihnen einen wunderbaren Sommer in Griechenland!

Mitsotakis: Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer und hoffe, dass unsere deutschen Freunde nach dieser Pandemie nach Griechenland kommen. Ich bin mir sicher, dass die Menschen reisen. Sie wollen sich entspannen …

BILD:Was wäre Ihr deutscher Satz an die Deutschen?

Mitsotakis: Kommen Sie nach Griechenland!

Das haben Sie beim letzten Interview auch gesagt!

Mitsotakis: Ich werde es wieder sagen!

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