Τετάρτη 5 Μαρτίου 2014

Gauck in der Zwickmühle der Kriegsreparationen


5/3/2014

Von Boris Kálnoky und Dimitra Moutzouri, Budapest und Athen

Die Griechen sind sauer, weil Deutschland keine weitere Entschädigung wegen der NS-Zeit zahlen will. Präsident Gauck dürfte die Absage heute in Athen bestätigen – zugleich aber andere Gelder zusagen.

Bundespräsident Joachim Gauck wird in Griechenland sehnlich erwartet – sehr sogar. Den Deutschen hat man immer etwas zu sagen, möchte es ihnen am liebsten zuschreien, wenn sie sich denn in Sichtweite herbeibequemen: Seit 2008 ist das Land wegen der Euro-Krise auf deutsches Geld angewiesen.

Bei vielen Bürgern weckt das Erinnerungen an eine andere, noch viel schlimmere Zeit – den Nationalsozialismus. Auch damals ging es um Geld. Etwa, als die Deutschen die Griechen zwangen, die Kosten für die deutsche Besatzung ihres Landes selbst zu finanzieren. Und das auf bizarre Weise deutsch-korrekt: in Form eines Zwangskredits. Ähnlich verfuhren andere Besatzungsmächte, die Truppen in Griechenland hielten (Bulgarien und Italien). Diese Länder zahlten diese Summen dann später, nach Kriegsende, irgendwann an Griechenland zurück.

Deutschland hingegen nicht, sagt Weltkriegsveteran Manolis Glezos, der als Vorkämpfer in der Frage der Kriegsreparationen gilt. Im Gespräch mit der "Welt" zeigt er sich verbittert – nach all den Jahren vergeblicher Mühen in der Sache: Die Bundesrepublik, so glaubt er, wolle deswegen nicht zahlen, weil es "an Griechenland Rache nehmen will".

Deswegen, weil die Griechen den Stolz der Deutschen gebrochen hätten. Weil der griechische Widerstand damals zwölf deutsche Divisionen gebunden habe und weil die Landung auf Kreta auch wegen des griechischen Widerstands so verlustreich verlief; und alles in allem, weil die Griechen dazu beitrugen, dass "Deutschland nicht auch heute noch ein Nazi-Regime hat".

Gauck muss sich mit dem Thema auseinandersetzen

Selbstmitleid, Suche nach einem Sündenbock für die Probleme des Landes, tief sitzender Frust – Glezos ist nicht allein mit solchen Gefühlen. Es ist eine dunkle Stimmung im Volk zu spüren, und die Politik muss darauf Rücksicht nehmen. Die Regierung hat einen Bericht ausarbeiten lassen über die angeblichen oder tatsächlichen Kriegsschulden Deutschlands, aber so richtig konfrontieren will sie Gauck damit lieber nicht.

In den Regierungsetagen versteht man, was hilfreich ist und was weniger. Außenminister Evangelos Venizelos sah sich – nachdem er den Bericht über Höhe und Stichhaltigkeit der Reparationsforderungen ein halbes Jahr hatte liegen lassen – zwar anlässlich der Gauck-Visite unter öffentlichem Druck, etwas zu sagen. Aber was er sagte, enttäuschte viele Griechen: Nämlich, dass die griechische Forderung formaljuristisch gesehen hoffnungslos sei. Daraufhin erntet er viel Entrüstung.

Auch von Veteran Glezos: Feige und verräterisch sei das. Er beschuldigte die Regierung in Athen, den Deutschen den besten Vorwand zu geben, nicht zu zahlen: "Warum auch, wenn schon die griechische Regierung es nicht für nötig hält?"

Auch wenn die griechische Regierung es höchstens widerwillig forciert: In irgendeiner Form wird Gauck sich mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Zumal der Wissenschaftsdienst des Bundestages errechnet hat, wie viel Geld Deutschland Griechenland schulden würde – bei einem Zinssatz von drei Prozent und wenn die Schuld denn anerkennt würde: sechs Milliarden Euro.

Besuch am Schauplatz eines Massakers

Gauck wird den Forderungen vermutlich eine Absage erteilen; dafür dürfte er aber Gelder für das deutsch-griechische Jugendwerk sowie einen neuen deutsch-griechischen Zukunftsfonds ankündigen. Und er wird Reue zeigen für die Verbrechen der NS-Zeit. So wird er ein Dorf namens Ligiades besuchen: Die Deutschen massakrierten dessen gesamte Einwohnerschaft aus Rache für einen vom Widerstand getöteten Wehrmachtoffizier. 92 Menschen wurden von den Nationalsozialisten ermordet; die Opfer waren vor allem Kinder, Frauen und Greise. Nur vier Menschen überlebten.

Die griechischen Medien sind vor dem Gauck-Besuch voll mit Reportagen aus Ligiades. Da werden Überlebende zitiert und deren Nachkommen. Der 80-jährige Yannis Zotos, der die Deutschen als Erster ins Dorf kommen sah und als Erster getroffen, aber nur verwundet und für tot gehalten wurde. "Ich würde sie noch heute alle töten, wenn die Deutschen vor mir stünden", sagt er. Und Nikos Foukas, dessen vierjährige Schwester die Deutschen damals bajonettierten.

Unterm Strich dürfte feststehen: Gauck wird zu den Reparationsforderungen "Nein" und zu den Einwohnern von Ligiades "Sorry" sagen. Er kann nicht überall hingehen, wo Entschuldigungen angebracht wären, aber es ist vielleicht kein Zufall, dass er gerade nicht nach Thessaloniki geht: Denn auch da wird Geld gefordert von Deutschland; 45 Millionen Euro, um genau zu sein. Am 19. Februar hat die Jüdische Gemeinde der Stadt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage gegen Deutschland eingereicht.

Thessaloniki nimmt Präsident in die Pflicht

Mit einigen guten Argumenten. Es geht um eine Summe, die der damalige Besatzungskommandant Max Merten von den Juden der Stadt erpresste, um dafür deportierte Juden freizulassen. Das Geld wurde gegeben; die Belege dafür wurden vor einigen Jahren in Bankarchiven gefunden. Die Deportierten aber wurden ins Vernichtungslager Auschwitz in Polen gebracht. Nun will man wenigstens das Geld zurück.

"Wir erwarten von Gauck eine positive Reaktion auf unsere Forderungen, die wir schon seit 70 Jahren erheben", sagt David Saltiel, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde der Stadt. Thessaloniki habe im Holocaust "97 Prozent der jüdischen Bevölkerung" verloren. Er erzählt, wie Merten 2,5 Milliarden damalige Drachmen forderte und wie die Juden ihre Häuser verkauften, um die Summe aufzubringen. Aber "nur 1,9 Milliarden wurden gezahlt". Weil klar wurde, dass Merten die Deportierten nicht zurückbrachte.

Auch das dürfte Gauck sehr leidtun, ob er es nun konkret erwähnt oder nicht. Technisch dürfte die Forderung aber chancenlos sein, weil Deutschland im Jahr 1960 eine pauschale Wiedergutmachungssumme wegen der NS-Verbrechen in Griechenland zahlte: 115 Millionen Mark – unter der Bedingung, dass auf weitere Forderungen danach verzichtet werde.
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