19/5/2014
Von Henrik Müller
Die wirtschaftliche Misere hat Spuren hinterlassen: Die Europäer schreiten mutlos und desillusioniert zur Wahl des EU-Parlaments - oder bleiben gleich zu Hause. Dabei zeigen Umfragen, dass jetzt die Chance für einen Neuanfang gekommen ist.
Eigentlich könnte dies Europas großer Moment sein: Die schwerste Krise scheint gemeistert, die EU und der Euro sind immer noch da. Es hätte wahrlich schlimmer kommen können. Mehrmals stand die Währung in den vergangenen Jahren kurz vor einer chaotischen Selbstauflösung. Nun schreitet das Volk an die Urnen, um mit Erleichterung und Stolz seine Rechte als Souverän einer europäischen Demokratie auszuüben.
So könnte es sein. Die Realität sieht anders aus. Warum eigentlich?
Am Donnerstag beginnen die Wahlen zum Europaparlament, wenn Niederländer und Briten als Erste abstimmen dürfen. Es kann der Beginn eines Siegeszugs der nationalgewirkten Populisten sein, die Leute wie Geert Wilders (Partei der Freiheit) und Nigel Lafarge (Unabhängigkeitspartei) zu noch mehr Einfluss verhelfen. Die Wahlen enden Sonntag in vielen anderen Ländern, darunter in Belgien, wo nebenher auch noch das nationale Parlament neubesetzt wird und ein starkes Abschneiden flämischer Nationalisten eine Kettenreaktion in Gang setzen könnte - die letztlich zur Abspaltung Kataloniens von Spanien und Schottlands von Großbritannien nach den für Herbst geplanten Volksabstimmungen führt.
Ja, es hätte schlimmer kommen können. Aber es ist nichts zu spüren von der selbstbewussten Gewissheit einer Bürgerschaft, die aus eigener Kraft am Rande des Abgrunds doch noch mal die Kurve gekriegt hat. Bei vielen Politikern ist das anders: Von Angela Merkel über Jean-Claude Juncker, Martin Schulz bis zu Olli Rehn strahlen viele die gestählte Haltung derjenigen aus, die durchs Feuer gegangen sind und überlebt haben. Viele Bürger hingegen sind müde, frustriert und desillusioniert - was sich in Rechtspopulismus, Ausländerfeindlichkeit und regionalen Abspaltungstendenzen niederschlägt.
Aktuelle Umfragen zeigen: Auch wenn der Pessimismus über die weiteren wirtschaftlichen Aussichten nicht mehr ganz so tiefschwarz daherkommt, so hat die andauernde ökonomische Krise doch tiefe Risse hinterlassen. Dass die Lage auf dem Arbeitsmarkt gut sei, glauben in Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland nur zwei bis fünf Prozent der Bürger, so die letzte Euro-Barometer-Umfrage im Auftrag der EU-Kommission. Zuwanderer werden inzwischen gerade in Italien und Griechenland als Belastung empfunden, hat das Meinungsforschungsinstitut Pew festgestellt. Die ermittelten Vorurteile gegenüber Roma, Muslimen, Juden in einigen Ländern sind erschreckend. In vielen Ländern sind europäische Institutionen unpopulär; so ist eine Mehrheit der Italiener inzwischen gegen den Euro. Allerdings sind nationale Parlamente und Regierungen gerade in den Krisenländern noch unbeliebter.
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