27/1/2015
Mit Frankreich, Spanien, Italien und Co. will der griechische Ministerpräsident Europa verändern
Blitzartig übernimmt der neue griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras die Macht. Gestern schmiedete er eine Koalition mit der rechtspopulistischen Partei der Unabhängigen Griechen, heute sollen schon die Minister vorgestellt werden. Noch diese Woche stehen erste Verhandlungen über den von Tsipras geforderten Schuldenschnitt für Griechenland an.
Tsipras will seine Bürger entlasten. Renten sollen erhöht und die Privatisierung gestoppt werden. Nur einige teure Punkte der Wahlversprechen. Er will die europäische Sparpolitik stoppen - und dafür Verbündete ins Boot holen.
Sein Plan: eine Allianz der Südländer Europas gegen Deutschland.
„Ein Wind des Wechsels weht durch Europas Süden und wird das alte, korrupte, politische Gerüst auslöschen. Zusammen werden wir den Kurs von Europa verändern (...) “, sagte Alexis Tsipras in einer Rede in Spanien.
Mit diesem Anti-Merkel-Pakt sollen Spanier, Portugiesen, Italiener, Franzosen und Griechen das Spardiktat aus Berlin brechen!
„Das griechische Volk hat Geschichte geschrieben”, hatte Tsipras Sonntagabend vor tausenden jubelnden Anhängern in Athen gesagt und ein Ende der „desaströsen Sparpolitik” versprochen.
Die Wähler hätten die Vorgaben der internationalen Gläubiger-Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) für „beendet“ erklärt. Er werde mit den Gläubigern „neue, machbare Lösung” aushandeln, kündigte der 40-Jährige an.
„Die neue Regierung wird bereit sein zur Zusammenarbeit und erstmals mit unseren Partnern eine gerechte, machbare, dauerhafte Lösung aushandeln, die allen nützt.”
Der Wahlsieg von Syriza sei ein Zeichen für den „Neuanfang für die breiteste mögliche Koalition von allen linken Kräften in Europa”, schrieb am Montag Alexis Tsipras in einem Gastartikel der spanischen Zeitung „El Pais”.
Die Bundeskanzlerin versucht währenddessen die Lage zu beruhigen. Am Dienstag gratulierte sie Tsipras zur Übernahme der Regierungsgeschäfte und ermahnte ihn sanft zur Besonnenheit:
„Sie treten Ihr Amt in einer schwierigen Zeit an, in der Sie vor einer großen Verantwortung stehen“, hieß es in einem kurzen Schreiben. „Ich hoffe, dass die Zusammenarbeit mit Ihnen die traditionell gute und tiefe Freundschaft zwischen unseren Völkern weiter festigen und vertiefen möge”.
Und: „Für Ihre künftige Arbeit als Ministerpräsident wünsche ich Ihnen viel Kraft und Erfolg”.
Scharfer EU-Kritiker wird Finanzminister
Auch bei der Berufung seiner Kabinetts fährt Tsirpas einen klaren Kurs. Der neue Finanzminister in Griechenland wird der 53-jährige Yanis Varoufakis, ein scharfer Kritiker der EU-Rettungspakete. Varoufakis erklärte, er werde im Laufe des Tages vereidigt.
Nach den Wahlen im hoch verschuldeten Griechenland nimmt die Eurozone noch diese Woche Gespräche mit der neuen Linksregierung in Athen auf. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem werde am Freitag zu einem Treffen mit Regierungschef Alexis Tsipras in die griechische Hauptstadt reisen. Ziel sei es zunächst, „sich gegenseitig kennenzulernen“. Auch ein Treffen mit dem designierten Finanzminister Giannis Varoufakis ist den Angaben zufolge geplant.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz wird am Donnerstag zu einem Treffen mit dem neuen linken griechischen Regierungschef Alexis Tsipras in Athen erwartet.
Der griechische Ministerpräsident kann jede Hilfe brauchen.
Bei den Gläubigern muss sich Tsipras auf harte Bandagen gefasst machen. EU und IWF sind nicht bereit, dringend benötigte weitere Milliarden bedingungslos nach Athen zu überweisen. Einen Schuldenerlass lehnen sie ab. „Die Verpflichtungen gelten weiter“, betonte Finanzminister Wolfgang Schäuble. Tsipras braucht also dringend Unterstützer.
Gelingt es dem neuen griechischen Ministerpräsident die Südländer wie Portugal, Italien, Frankreich und Spanien zu vereinen, um die Sparpolitik der EU zu brechen, ergibt sich ein neue Machtposition und andere Verhandlungsspielräume.
Ein solches Anti-Merkel-Bündnis ist durchaus möglich: Einer der ersten Gratulanten bereits am Sonntag war Frankreichs Präsident François Hollande, der Tsipras am Telefon gratulierte und ihn aufforderte, rasch zu Gesprächen nach Paris zu kommen.
Hollande mahnte zwar an, dass auch nach dem Wahlsieg der Linkspartei Syriza, Griechenland eingegangene Verpflichtungen erfüllen müsste, sicherte aber gleichzeitig Solidarität zu.
Angesichts des „besonders schmerzhaften Sparkurses” in Griechenland seien aber auch „Solidarität” und „Verantwortung” gefragt. Gemäß diesen beiden Prinzipien werde die Europäische Union Gespräche mit der neuen griechischen Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras führen, sagte Hollande.
In Spanien wird Ende des Jahres gewählt, der Sieg der Euro-Hasser in Athen ist ein Signal.
Wird es jetzt für Merkel in Europa ungemütlich?
Die Bundesregierung sieht sich zwar nicht isoliert und spricht immer von einem europäischen Kurs. Der Kreis vorbehaltlosen Unterstützer wird aber kleiner. Zumal das umstrittene EZB-Programm zum Kauf von Staatsanleihen im ganz großen Stil den Reformdruck auf Regierungen senken könnte.
Der Wahlsieger Tsipras vertritt durchaus Positionen wie andere Staats- und Regierungschefs – eben nur etwas radikaler.
Der Tenor jedoch ist derselbe, ob in Athen, Rom oder Paris: Der scharfe Sparkurs würge die Wirtschaft ab, treibe die Arbeitslosigkeit in die Höhe und stärke radikale Kräfte. Einige Euro-Länder hoffen nun auf Rückenwind für einen Kurswechsel.
Bereits die Wahl des linken Bündnis Syriza und ihre Links-Rechts-Koalition mit der Partei der „Unabhängigen Griechen” ruft kritische Stimmen auf den Plan.
Das schreibt die Presse
►„Für Angela Merkel ist das nahe am ,Worst Case': Links und Rechts verbünden sich gegen Europa – und gegen die verhasste deutsche Spar-Komissarin“, urteilt die „Hamburger Morgenpost“. Schlimmer noch sei, dass „der Anti-Merkel-Aufstand“ sich auf die Syriza-Ableger in Spanien und Portugal übertragen könnte, im Sieg von Marine Le Pen bei den Wahlen in Frankreich münden könnte.
„Ein einfaches ,Weiter so‘ darf es nun nicht geben.“ Das neue Drama in Athen zwinge Merkel zum Umdenken.
►„Der Sieg von Alexis Tsipras könnte politischen Scharfmachern in anderen europäischen Ländern Aufschwung verschaffen“, schreibt das „Handelsblatt“. Die Sorge gelte dabei nicht mehr den Märkten, die am Montag relativ gelassen reagiert hätten. „In Brüssel und den europäischen Hauptstädten fürchtet man weniger eine finanzielle Ansteckungsgefahr aus Athen als eine politische: Überall in Europa hoffen populistische Kräfte von links und rechts, durch den Syriza-Sieg gestärkt zu werden.“
►Im Kommentar der „FAZ“ heißt es „Linksradikale und Rechtspopulisten stießen gleichermaßen ins Horn des Nationalstolzes, und nun bilden sie die Regierung, die Schluss machen soll mit Sparen, Kürzen und Gürtel-enger-Schnallen. Und mit Inspektionsbesuchen der Troika.“
Für Tsipras und seine Koalitionstruppe schlage jetzt die Stunde der Wahrheit.
„Griechenlands Weg führt eben nicht anstrengungslos ins vermeintliche Sozialstaatsparadies der jungen Garde. Die alte Garde wusste, dass der Weg in die Zukunft nicht zurück in die Vergangenheit führen darf. Aber viele Wähler mochten ihr darin nicht folgen.”
► Die „Neue Zürcher Zeitung” schreibt in einem Kommentar zur Wahl in Griechenland, auch die neue Regierung müsse die Wettbewerbsfähigkeit des Landes verbessern. „Dazu sind weitere Reformen unumgänglich”. Und: „Griechenland hat also noch viel zu tun, will es vermeiden, düsteren Zeiten entgegenzugehen.”
►Die Wiener Zeitung „Die Presse” schreibt: „Warum sollten IWF und EU Dutzende Milliarden Euro in den Schornstein schreiben, wenn in Athen eine Regierung im Amt ist, die ihr nicht vorhandenes Geld erklärtermaßen mit beiden Händen ausgeben will? Damit sie ein halbes Jahr nach einem Schuldenschnitt wieder Milliarden in ein rot lackiertes Fass ohne Boden hineinschütten?” Die Wende in Europa, die Linke aller Lager nach dem Wahlsieg von Tsipras herbeischwärme, würde Wunschdenken bleiben.
Darum geht's beim Schuldenschnitt
Der neue griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras fordert, dass Griechenland „den größten Teil“ seiner 320-Millarden-Euro-Schulden erlassen werden. Das soll eine einberufenen internationale Konferenz tun.
Die Euro-Partner lehnen aber einen neuen Schuldenschnitt für Griechenland ab. Für einen Forderungsverzicht gegenüber Athen gebe es nicht viel Unterstützung, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem am Montag in Brüssel
Das Linksbündnis Syriza als großer Wahlsieger in Griechenland hatte einen Schuldenschnitt gefordert. Dabei würde ein Teil der Schulden erlassen.
Dijsselbloem begrüßte nach mehrstündigen Beratungen, dass die neue Links-Rechts-Regierung von Syriza-Chef Alexis Tsipras in der Eurozone bleiben wolle. Er rief Athen auf, sich an entsprechende Regeln und Verpflichtungen zu halten. „Die Probleme sind immer noch da“, sagte der Niederländer, „es gibt noch viel Arbeit zu tun.”
Die Staatsschulden in Griechenland werden im laufenden Jahr knapp 169 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen, erlaubt sind höchstens 60 Prozent, so die EU-Kommission. Vor drei Jahren hatten Privatgläubiger wie Banken einen Schuldenschnitt von 50 Prozent hinnehmen müssen.
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