23/1/2015
Von David Böcking
Deutschland diktiert dem Rest Europas seinen Willen: Unter diesem Eindruck wird in Griechenland am Wochenende ein neues Parlament gewählt. Doch Deutschland ist keineswegs allmächtig - das zeigt die jüngste Entscheidung der EZB.
Wenn die Griechen am Sonntag zur Wahl gehen, stimmen sie auch über zwei populäre Deutungen ihrer seit fünf Jahren andauernden Krise ab. Geht es dem Land so schlecht, weil es über seine Verhältnisse gelebt hat und immer noch zu wenig spart? Oder wurde es erst von ausländischen Kräften ins Elend getrieben - angeführt von Deutschland, das dem Rest Europas seine Politik diktiert?
Ein durchschnittlicher Grieche hat seit Beginn der Krise rund ein Drittel seines Reallohns verloren - sofern er nicht zu jenem Viertel gehört, das überhaupt keinen Job mehr hat. Diesen Menschen muss niemand mehr mit Sparappellen kommen. Die Verantwortung für die immer noch schlechte Lage liegt in erster Linie bei den Eliten aus Politik und Wirtschaft, die oft auf bedenkliche Weise verbandelt sind. Wenn das Linksbündnis Syriza nun siegen sollte, dann auch wegen seines Versprechens, diesen Filz zu beenden.
Syriza verdankt seinen Aufstieg aber auch der zunehmend populären Deutung, wonach Deutschland mit der Sparpolitik im eigenen Interesse Südeuropa unterjocht. Das ist Unsinn, trotz des zweifellos großen Einflusses der Bundesregierung. Einer der besten Belege sind die massiven Anleihenkäufe, welche die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag angekündigt hat. Ginge es in Europa wirklich nur nach Deutschlands Willen, so wäre es nie zu diesem Programm gekommen.
Mit ihren Käufen will die EZB eine Deflationsspirale von dauerhaft fallenden Preisen verhindern. Diese trafen 2014 kein Land so stark wie Griechenland, auch in Portugal, Spanien und Zypern kam es zu Deflation. In Deutschland dagegen stiegen die Preise noch moderat. Auch die von der EZB beabsichtigte Stärkung der Wirtschaft haben Unternehmen in Deutschland deutlich weniger nötig als in Südeuropa.
Zwar profitiert auch Deutschland von dem Programm, das Exporte deutlich verbilligen dürfte. Dennoch überwiegt hierzulande die Kritik an den damit langfristig verbundenen Risiken wie der Bildung neuer Preisblasen. Konnte das die EZB von ihrem Schritt abhalten? Natürlich nicht. Deutsche Politiker achten die Unabhängigkeit einer Institution, die eben nicht nur deutsche Interessen im Auge haben kann, auch wenn sie einst nach dem Vorbild der Bundesbank gegründet wurde.
Solidarität, wenn auch mit knirschenden Zähnen
Zugegeben: Das ist eine ziemlich zähneknirschende Form der Solidarität. Aber Deutschland ist nicht nur über das Anleihen-Programm mit dem Schicksal Griechenlands verbunden. Schließlich wird ein großer Teil der griechischen Schulden inzwischen vom Euro-Rettungsfonds gehalten, allein 65 Milliarden Euro entfallen dabei rechnerisch auf Deutschland. Sollte Syriza tatsächlich einen erneuten Schuldenschnitt durchsetzen, so wären auch deutsche Steuerzahler unmittelbar betroffen.
Bei allem Streit über die Sparpolitik konnte sich Griechenland bislang immer auf die Hilfszusagen aus dem Rest Europas verlassen. Vor gut zwei Jahren sagte EZB-Chef Mario Draghi, man werde alles Notwendige tun, um den Euro zu retten. Das Anleihenkaufprogramm ist die Einlösung dieses Versprechens. Hoffentlich fühlt sich auch eine künftige griechische Regierung noch an frühere Abmachungen gebunden.
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