4/1/2015
Von Martin Greive
Ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro wäre extrem riskant, sagt der Wirtschaftsweise Peter Bofinger. Neue Berechnungen zeigen, dass eine solche Entwicklung für die Deutschen sehr teuer würde.
Der namhafte Wirtschaftswissenschaftler Peter Bofinger warnt nachdrücklich vor einem Ausscheiden Griechenlands aus der Europäischen Währungsunion. "Ein solcher Schritt wäre mit sehr hohen Risiken für die Stabilität des Euro-Raums verbunden", sagte das Mitglied des Sachverständigenrats der "Welt am Sonntag".
"Auch wenn die Situation Griechenlands nicht mit der anderer Mitgliedsstaaten vergleichbar ist, würde damit ein Geist aus der Flasche gelassen, der nur schwer beherrschbar wäre", so der Würzburger Ökonomieprofessor weiter.
Am Samstag hatte "Spiegel Online" berichtet, dass die Bundesregierung einen Kursschwenk vollzogen habe: Sowohl Kanzlerin Angela Merkel als auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) hielten einen Euro-Austritt Griechenlands für verkraftbar.
Die Griechen müssen am 25. Januar ein neues Parlament wählen, nachdem es in dieser Woche auch im dritten Wahlgang keine Mehrheit für die Wahl eines Staatspräsidenten gegeben hatte. Derzeit liegt in Umfragen der Linkspopulist Alexis Tsipras mit seinem Syriza-Bündnis vorn. Tsipras will den Sparkurs beenden und die Reformverträge mit Griechenlands Geldgebern aufkündigen. Außerdem fordert er einen neuen Schuldenschnitt.
70 Milliarden Euro an deutschen Steuergeldern im Feuer
Unterstützung für die Forderung nach einem Schuldenschnitt erhält Tsipras von Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. "Alexis Tsipras weiß, dass Griechenlands heutiger Kurs nicht aufrechtzuerhalten ist", sagte Sinn der "Welt am Sonntag". Griechenland sei "meilenweit" von Wettbewerbsfähigkeit entfernt und werde nie in der Lage sein, seine Schulden zurückzuzahlen oder auch nur zu Marktzinsen zu bedienen. "Die Forderung nach einem großen Schuldenschnitt, gegebenenfalls auch unter Inkaufnahme des Austritts, ist folgerichtig", sagte Sinn.
Der ehemalige EU-Währungskommissar Olli Rehn hält einen Schuldenschnitt für vermeidbar. Das sagte er "Spiegel Online". Die übrigen EU-Länder müssten Athen helfen, die Schuldenlast zu reduzieren. "Das können wir aber auch durch eine Verlängerung der Laufzeiten der Kredite erreichen."
Sollte Griechenland tatsächlich aus dem Euro austreten, stünden nach Berechnungen der Berenberg Bank für die "Welt am Sonntag" maximal 70 Milliarden Euro an deutschen Steuergeldern im Feuer. "Die Summe nennt aber nur die Beträge, über die notfalls verhandelt werden müsste", sagte Chefvolkswirt Holger Schmieding. "Selbst im Extremfall einer griechischen Doppelkatastrophe mit Staatspleite und Euro-Austritt wären die echten Verluste wohl weit geringer."
Henning Vöpel, Co-Chef des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), warnt jedoch vor den Folgen einer Abwahl des griechischen Sparkurses in anderen Ländern. "Wenn Europa sich politisch dreht und von allen Reformbemühungen abrückt, wäre das hochgefährlich. Das wäre eine ganz neue Dimension. Die ganze Euro-Rettungsstrategie Angela Merkels geriete ins Wanken", sagte Vöpel. "Selbst Staatsanleihen-Aufkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) wären dann wirkungslos und die Stabilität Europas wohl nicht mehr zu halten."
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