29/3/2015
Von Giorgos Christides,
Griechenland will Russland bitten, seiner angeschlagenen Wirtschaft zu helfen. Wie SPIEGEL ONLINE erfuhr, will die Regierung von Alexis Tsipras in Moskau um eine Senkung der Erdgaspreise für griechische Haushalte ersuchen. Zudem soll erreicht werden, dass griechische Produkte wie etwa frisches Obst vom seit Sommer geltenden Importverbot für EU-Waren ausgenommen werden. Der griechische Energieminister Panagiotis Lafazanis und Syrizas Parlamentssprecher Thanasis Petrakos sollen die Bitte bei ihrem am Montag beginnenden, zweitägigen Besuch in Moskau übermitteln.
"Für Griechenland ist dieser Besuch sehr wichtig", sagte Petrakos SPIEGEL ONLINE. "Wir wollen unsere Beziehungen zu Russland im Energiesektor vertiefen und erhoffen uns davon im Gegenzug erhebliche Vorteile." Die griechische Delegation wird am Montag Russlands Energieminister Alexander Nowak und Gazprom-Chef Alexej Miller treffen. Gazprom kontrolliert fast 70 Prozent des griechischen Erdgasmarktes. Weitere Treffen sind mit russischen Duma-Abgeordneten und anderen Regierungsvertretern geplant.
Energieminister Lafazanis ist Kopf der "Linken Plattform" des linksextremen Syriza-Flügels. Er tritt mit Nachdruck dafür ein, dass Griechenland gegenüber seinen Geldgebern nicht nachgibt und stattdessen sein eigenes politisches Programm umsetzt. Lafazanis ist gegen Pläne der EU-Kommission, nationale Energieabkommen zwischen EU-Staaten und Nicht-EU-Mitgliedern vorab zu prüfen. Unmittelbar vor seiner Russland-Reise schickte der Minister noch einmal scharfe Töne in Richtung Brüssel und Berlin: In einem am Samstag veröffentlichten Interview rief Lafazanis zum Widerstand gegen die "skrupellosen Imperialisten" auf, die Griechenland "unterwerfen" wollen. "Die germanisierte EU erstickt unser Land buchstäblich", wird der Syriza-Politiker zitiert.
Tsipras reist am 8. April zu Putin
Ministerpräsident Alexis Tsipras will am 8. April selbst nach Moskau reisen. Eine ursprünglich für Mai angesetzte Reise wird damit einen Monat vorgezogen. Die Annäherungsversuche an Russland und der Umstand, dass sich viele griechische Regierungsvertreter Moskau offenbar näher fühlen als Brüssel, haben die EU alarmiert. Die Sorge ist groß, dass Russlands Präsident Wladimir Putin die Chance wittert, die EU auseinanderzutreiben und neuen Einfluss in Südosteuropa zu gewinnen. Beobachter erwarten, dass Tsipras bei seinem Besuch auch abklopfen will, ob der Kreml seiner Regierung auch mit Krediten helfen könnte.
Bislang hat der griechische Premier solche Pläne bestritten. Allerdings hat Athen jüngst erstmals öffentlich bestätigt, dass es auch nach Finanzierungsquellen außerhalb der Eurozone sucht. Vizepremier Giannis Dragasakis ist gerade aus Peking zurückgekehrt. Regierungskreise erklärten in diesem Zusammenhang, dass die Regierung sich um Investitionen und Finanzierung aus Staaten außerhalb der EU bemühe, "vor allem aus China".
Wenn es um eine mögliche Unterstützung aus Peking oder Moskau geht, setzt Griechenland in erster Linie auf den Verkauf von Staatseigentum und seine geopolitische Position. Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen ist Griechenland bereit, eng mit Russland zusammenzuarbeiten, um dessen Einfluss auf den Energiemarkt in der Region zu sichern. Athen würde auch russische und chinesische Investitionen in griechische Staatsunternehmen wie etwa die verlustreiche Eisenbahn oder den Hafen von Thessaloniki begrüßen. China etwa hat Interesse, seine Rolle im Hafen von Piräus auszubauen. Das chinesische Staatsunternehmen Cosco hält an ihm bereits eine Beteiligung und betreibt seit 2009 auch einen Teil des Containerhafens. Der Hafen in der Nähe von Athen ist der größte Griechenlands sowie der größte Passagierhafen in ganz Europa.
Griechenland braucht verzweifelt Geld, da sich die Verhandlungen mit der Eurozone über die Freigabe weiterer Hilfsgelder hinziehen. Athen hat seine Geldgeber gewarnt, seine Verpflichtungen nicht weiter bedienen zu können, wenn die Blockade nicht überwunden wird. Am Freitag reichte die Regierung ihr angemahntes Reformpaket bei der früheren Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds ein. Deren positives Votum dazu könnte einen entscheidenden Schritt bedeuten, um für das von der Pleite bedrohte Land kurzfristig Hilfsgelder von 7,2 Milliarden Euro freizumachen.
Der SPIEGEL berichtet indes in seiner aktuellen Ausgabe, dass Griechenland in diesem Jahr entgegen ursprünglicher Planung keinen Primärüberschuss in seinem Haushalt erwirtschaften wird. Davon geht die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds aus. Experten rechneten mit einer zusätzlichen Finanzierungslücke von 10 bis 20 Milliarden Euro. Ein drittes Hilfsprogramm, das die Regierung aber unbedingt vermeiden will, könnte daher einen Umfang von 30 Milliarden Euro und mehr haben. (Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.)
Zusammengefasst: Im Kampf gegen den drohenden Staatsbankrott sucht Griechenland nach Unterstützung außerhalb der Eurozone. Bei einem Besuch in Moskau wollen Regierungsvertreter prüfen, ob Russland helfen kann. Ministerpräsident Tsipras besucht Präsident Wladimir Putin bald persönlich.
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