Δευτέρα 13 Ιουλίου 2015

Grexit auf Zeit: Wie Wolfgang Schäuble die Genossen verwirrte


12/7/2015

Von Severin Weiland und Markus Becker

Wolfgang Schäubles Grexit-Plan sorgt in Berlin für Irritation. Erst sagt Sigmar Gabriel, der Vorschlag sei "der SPD natürlich bekannt". Dann erklärt er: "Ich kenne das Papier nicht." Ein Widerspruch? Der Versuch einer Erklärung.

Die Aufregung war groß. Einige SPD-Bundestagsabgeordnete ließen ihre Empörung kurzerhand über Twitter heraus. "Schäuble spielt falsch: Sein Grexit-Plan hat NICHT die Unterstützung der SPD", lautete etwa der Eintrag von SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil:

 @hubertus_heil

Schäuble spielt falsch: sein Grexit-Plan hat NICHT die Unterstützung der SPD.
00:33 - 12 Jul 2015

Was war geschehen? Ein internes Papier aus dem Haus von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) war am Samstag vor Beginn der Eurofinanzminister-Verhandlungen bekannt geworden. Demnach sollte Griechenland unter anderem eine "Auszeit" vorgeschlagen werden. Ein vorläufiger Grexit also.

Der Plan glich jenen Überlegungen, die in Kreisen von Wirtschaftsexperten seit Längerem diskutiert werden: Griechenland soll die Eurozone für mindestens fünf Jahre verlassen und seine Schulden restrukturieren, gleichzeitig soll das Land aber EU-Mitglied bleiben und weiter "wachstumsstärkende, humanitäre und technische Unterstützung" erhalten. So zitierte als Erste die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" aus dem Papier.

Die Konfusion wurde noch größer, als Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf seiner Facebook-Seite schrieb, der Vorschlag Schäubles sei "der SPD natürlich bekannt". Scheinbar ein Widerspruch zu den Twitteräußerungen seiner Parteikollegen.

Gabriel war erkennbar darum bemüht, in einer solch wichtigen, entscheidenden Phase keine Risse in der Bundesregierung erkennen zu lassen. So hieß es in seinem Facebook-Eintrag denn auch diplomatisch: "In einer derart schwierigen Situation muss auch jeder denkbare Vorschlag unvoreingenommen geprüft werden."

Die "Entstehungsgeschichte" der Idee

Am Sonntagnachmittag, kurz bevor sich die Staats- und Regierungschefs der Eurozone in Brüssel trafen, war auch der SPD-Chef in der belgischen Hauptstadt. Gabriel traf sich dort nicht nur mit Vertretern der sozialdemokatischen Fraktion im Europaparlament und mit Frankreichs sozialistischem Präsidenten François Hollande, sondern auch mit deutschen Journalisten. In diesem Kreis machte Gabriel zunächst drei Dinge deutlich:
  • Griechenland wolle man im Euro halten,
  • Europa müsse beieinanderbleiben
  • und Deutschland und Frankreich sich eng abstimmen.
Im Kreis der Journalisten kam auch die Frage nach dem Schäuble-Papier auf. "Ich kenne das Papier nicht", sagte Gabriel kurz und bündig. Und erläuterte dann, wie er es nannte, die "Entstehungsgeschichte", die hinter der Idee eines Grexit auf Zeit gestanden habe.

Demnach habe Schäuble auch mit ihm, Gabriel, die Idee eines zeitweiligen Euro-Ausscheidens Griechenlands in der Vergangenheit diskutiert. Allerdings, wie Gabriel betonte, nur für den Fall, dass Griechenland und der Internationale Währungsfonds (IWF) auf einem Haircut, also einem Schuldenschnitt, bestanden hätten. "Nur für den Fall des Haircuts ist diese Idee mal von Herrn Schäuble uns genannt worden", betonte Gabriel und fügte hinzu, darüber sei "mehrere Male" gesprochen worden, auch mit ihm persönlich.

Wobei er offenließ, wer mit "uns" gemeint war - die SPD-Fraktion offensichtlich nicht, aus der gleich mehrere führende Vertreter sich über den Schäuble-Plan entsetzt zeigten.

Ein Schuldenschnitt, erläuterte Gabriel weiter, sei nur außerhalb der Eurozone möglich, innerhalb der Eurozone nicht, darüber sei man sich in der Bundesregierung "absolut einig". Ein Haircut innerhalb der Eurozone verstoße gegen die Regeln des Bailout. Gemeint ist damit das in den EU-Verträgen verankerte "Bailout-Verbot", das die Haftung der EU und der Mitgliedstaaten zugunsten eines anderen EU-Staats verbietet.

Schwierige Fragen stehen noch an

Das Thema, über das kurzzeitig auch unter seinen Parteifreunden Verwirrung herrschte, scheint für den SPD-Chef kein Thema mehr zu sein. Ein Schuldenschnitt, so Gabriel vor Journalisten weiter, sei ja ohnehin nicht Teil des neuen Antrags der griechischen Regierung. "Wir verhandeln über den Verbleib Griechenlands im Euro, nicht über ein zeitweises oder vollständiges Ausscheiden", betonte der Vizekanzler.

Dazu müssten bei den Gesprächen am Sonntag allerdings zwei Dinge erreicht werden: Eine "Verbesserung der Schuldentragfähigkeit durch realistische Privatisierungserlöse" und ein "größeres Maß an Sicherheit", dass die verabredeten Maßnahmen von der griechischen Regierung auch umgesetzt werden.

Der letzte Punkt ist jedoch knifflig. Am Wochenende haben diverse Eurofinanzminister und Regierungschefs von Griechenland verlangt, mehr als nur Versprechen abzugeben. Sie wollen Taten sehen, darunter Gesetzesinitiativen, die ins Parlament eingebracht werden. Das aber wird zumindest einige Tage dauern - Zeit, die Griechenlands vor dem Kollaps stehende Wirtschaft womöglich nicht mehr hat.

Wie also soll Griechenland die allseits verlangten Initiativen umsetzen, bevor es pleitegeht? "Dazu kann ich nichts sagen", erklärte der SPD-Vorsitzende. Diese Frage sei "nicht Gegenstand der Beratungen" der europäischen Sozialdemokraten gewesen. Wenn die Verhandlungen zum Erfolg führen, "wird es sicherlich auch Ideen geben, wie man über die nächsten Tage kommt". Wie genau die aussehen könnten, wollte Gabriel jedoch nicht verraten. Aber man könne jetzt "nicht mehr einen Prozess starten, bei dem wir noch mal ein paar Monate verhandeln".

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