Κυριακή 14 Μαρτίου 2021

Deutschland und die Türkei verhandeln neuen Flüchtlingspakt – Griechenland verärgert


14/3/2021

Die Türkei hält Geflüchtete von der Weiterreise in die EU ab. Das soll sie für Geld und Zugeständnisse weiter tun. Das birgt diplomatische Probleme.

Fünf Jahre nach Inkrafttreten des Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei verhandeln Berlin und Ankara über eine Neuauflage des Pakts. Nach Informationen des Handelsblatts aus Verhandlungskreisen sind auf deutscher Seite neben dem Bundeskanzleramt das Bundesinnenministerium sowie die nordrhein-westfälische Staatskanzlei unter Ministerpräsident und CDU-Chef Armin Laschet in die Verhandlungen eingeweiht. Auf türkischer Seite führt das Büro von Vizepräsident Fuat Oktay die Verhandlungen.

Verhandelt werden auch Punkte, bei denen eine Einigung unwahrscheinlich ist. Hinzu kommt: Griechenland, das direkt von der Migration Tausender Menschen aus der Türkei in die EU betroffen ist, bleibt offenbar außen vor. Der Regierung in Athen gefällt das überhaupt nicht.

Bundesregierung, EU-Kommission und Europäischer Rat ließen Anfragen des Handelsblatts zu dem Thema unbeantwortet. Auch die türkische Regierung bezieht öffentlich keine Stellung zu dem Thema. Doch hinter den Kulissen wird eifrig diskutiert.

Alle wissen: Viel Zeit bleibt nicht, um ein humanitäres und politisches Chaos wie 2016 oder bei der türkischen Grenzöffnung im vergangenen Jahr zu vermeiden. Am 5. März hatten der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und Bundeskanzlerin Angela Merkel per Videokonferenz miteinander gesprochen.

Experten erwarten, dass die Zahl der Migranten in Richtung Europa wegen der Pandemie wieder ansteigen dürfte. Die Gelder aus dem im Frühjahr 2016 in Kraft getretenen Flüchtlingspakt sind jedoch aufgebraucht. Hilfsorganisationen in der Türkei warten dringend auf neue Finanzmittel. „Wenn wir nicht bald neue Gelder bekommen, müssen wir die Projekte sofort beenden“, sagt Ibrahim Dizman, der in Istanbul für die Flüchtlingsorganisation „Mülteciler Dernegi“ arbeitet.

Am 25. März treffen sich die EU-Außenminister. In Brüssel könnte dann das erste Mal öffentlich über das Thema gesprochen werden. Die türkische Regierung wünscht nach Informationen des Handelsblatts einen EU-Gipfel mit türkischer Beteiligung bis Juli. Ob dieser Zeitplan einzuhalten ist, bezweifeln viele, die in die Verhandlungen eingeweiht sind.

Ankara fordert die Ausweitung der Zollunion mit der EU – Athen ist dagegen

Die alte Vereinbarung sieht vor, dass Griechenland illegal eingereiste Migranten zurück in die Türkei schicken kann. Im Gegenzug übernimmt die EU syrische Flüchtlinge nach einer 1:1-Regel aus der Türkei und unterstützt die Türkei finanziell bei der Versorgung der Flüchtlinge.

Sechs Milliarden Euro waren dafür für einen Zeitraum von mindestens vier Jahren vorgesehen. Das sind weniger als 400 Euro pro Flüchtling pro Jahr. Aus Sicht der EU ein gutes Geschäft. 4,1 Milliarden Euro sind nach Angaben der EU-Kommission bisher überwiesen worden.

Mit dem Flüchtlingsabkommen konnte die EU gleich mehrere Ziele erreichen: Registrierte Flüchtlinge führen in der Türkei ein einigermaßen normales Leben außerhalb von Camps, können zum Arzt, eine Wohnung mieten und ihre Kinder zur Schule schicken. Wer mittellos ist, erhält aus dem EU-Topf eine Sozialhilfe.

Außerdem gelang der EU das Kunststück, der Türkei die Regeln vorzuschreiben, wie sie mit Migranten im eigenen Land umzugehen hat. Damit ist die Türkei de facto zu einer ersten Anlaufstelle für Migranten auf dem Weg in die EU geworden – ohne dass die Türkei zur Union gehört.

Im Sommer vergangenen Jahres überwies die EU-Kommission dafür bereits 500 Millionen Euro, um die Notlage der Geflüchteten in der Türkei zu mildern. Die Menschen müssen versorgt werden – und die Kommission will nicht, dass dies innerhalb der EU geschieht.

Die Türkei erhoffte sich von dem Abkommen Visafreiheit für türkische Staatsbürger sowie eine Erweiterung der Zollunion um Kohle, Stahl und Agrarprodukte. Die Punkte werden in der „EU-Türkei-Erklärung“ von 2016 zwar erwähnt, sind aber nicht umgesetzt worden.

Entsprechend enttäuscht ist Präsident Erdogan vom bisherigen Abkommen. Ankara fordert unter anderem, die Erweiterung der Zollunion in den neuen Flüchtlingspakt zu schreiben. Deutschland steht der Ausweitung der Zollunion zwar offen gegenüber, will das Thema jedoch lieber nicht im Migrationsabkommen selbst unterbringen. Athen ist derzeit gegen eine Erweiterung der Zollunion.

Über die Entscheidung zu dieser Erweiterung ist das neue Flüchtlingsabkommen auch für die Wirtschaft von Bedeutung. Allein rund 7000 Unternehmen mit deutscher Beteiligung sind in der Türkei aktiv und produzieren dort für den Weltmarkt.
Türkei will EU-Gelder auch in Syrien verwenden

Ein besonders heikler Punkt in den Gesprächen, die digital sowie vor Ort in Istanbul geführt werden, ist die Frage, wo die nächsten Milliarden verwendet werden dürfen. Ankara besteht darauf, dass europäische Hilfsgelder auch in befriedeten Zonen in Nordsyrien eingesetzt werden, etwa um Krankenhäuser und Schulen zu bauen.

Inzwischen wohnen dort nahe der türkischen Grenze mehrere Hunderttausend Syrerinnen und Syrer, die zuvor in der Türkei Zuflucht gefunden hatten. Berlin möchte jedoch keine EU-Gelder für Projekte in Syrien verwenden.

Außerdem will die Administration in Ankara generell mehr Kontrolle über die Verwendung der Gelder. Bisher besteht die EU darauf, dass internationale Organisationen mit Sitz in der EU die Gelder für konkrete Projekte an lokale Partner verteilen. Diese Regelung ist längst aufgeweicht: Das Auswärtige Amt bestätigte im Herbst 2019, dass Ankara längst mehr Mitbestimmung bei der Verwendung der Gelder hat.

Solche Punkte sind Reizthemen in Berlin und Brüssel, wo der Flüchtlingspakt vor allem als Bollwerk gegen ungewollte Migration in Mitgliedstaaten verstanden wird. In Ankara sieht man die Sache kaufmännisch: keine Leistung ohne Gegenleistung. Entsprechend hart wird derzeit gerungen.

In der griechischen Hauptstadt Athen verfolgt man die Sondierungen mit Argwohn. Dass Kanzlerin Merkel dieses Thema wie schon bei der Aushandlung der Vereinbarung im März 2016 an sich zieht, beobachte man „mit gemischten Gefühlen“, sagte ein Diplomat in Athen. 


Während damals auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise eine Ausnahmesituation herrschte, gebe es heute keinen Grund für Deutschland, wieder im Alleingang die Verhandlungen zu führen. Dahinter steht die Sorge, Berlin werde der Türkei zu weit entgegenkommen.

In Athen sieht man keinen Anlass, die vor fünf Jahren geschlossene gemeinsame Erklärung überhaupt zu überarbeiten. Bevor man darüber reden könne, müsse die Türkei zunächst die bestehende Vereinbarung umsetzen, erklärten griechische Diplomaten dem Handelsblatt.

So erleichtert Athen auch war, dass mit dem von Merkel ausgehandelten Deal im Frühjahr 2016 die Migrantenströme in der Ägäis gestoppt werden konnten, so ernüchternd fällt die Bilanz aus griechischer Sicht heute aus. Anders als im Flüchtlingspakt zugesagt, nehme die Türkei keine irregulären Migranten mehr zurück, die über die Ägäis zu den griechischen Inseln kommen, kritisiert man in Athen. Aktuell bemühen sich die griechischen Behörden um die Rückführung von 1450 abgelehnten Asylbewerbern.

Vor diesem Hintergrund lehne man derzeit Zugeständnisse der EU gegenüber der Türkei in der Visapolitik und eine Erweiterung der Zollunion ab, hieß es in griechischen Diplomatenkreisen. Für Verhandlungen über eine Ausweitung der Zollunion braucht die EU-Kommission aber ein einstimmiges Mandat der 27 Mitgliedstaaten.
Der Migrationsdruck aus Syrien ist weiter hoch

Die Verhandlungen mit der Türkei laufen dennoch weiter. Der Migrationsdruck in der Region hat nur oberflächlich nachgelassen. 12,4 Millionen Syrerinnen und Syrer und damit fast 60 Prozent der Bevölkerung leben in Ernährungsunsicherheit und leiden unter Hunger, teilt das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) mit. Grund sind die stark gestiegenen Lebensmittelpreise. Deshalb versuchen Menschen aus Syrien immer noch täglich, die Grenze zur Türkei zu überqueren.

Die Türkei hat nach Angaben der Vereinten Nationen 3,6 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Hinzu kommen mehr als 300.000 offiziell gemeldete Migranten aus anderen Nationen, die in der Türkei Zuflucht finden; außerdem eine unbekannte Zahl nicht registrierter Menschen. Insgesamt kostet das den türkischen Staat jährlich Millionen, türkische Arbeiter beschweren sich über unerwünschte Konkurrenz auf dem Jobmarkt.

Die Türkei steht auch innenpolitisch unter Druck. Die Flüchtlinge werden zunehmend als Belastung dargestellt, vor allem von der oppositionellen republikanischen Volkspartei CHP, die zuletzt bei den Kommunalwahlen die Rathäuser mehrerer Großstädte von Erdogans Partei AKP übernommen hatte.

Vor genau einem Jahr hatte die Regierung in Ankara die Grenzen für Flüchtlinge, die nach Griechenland wollten, schon einmal geöffnet. Anlass war der Beschuss türkischer Soldaten durch russische Kampfjets in Syrien, in einem Gebiet, in das nach dem Willen Ankaras Syrer aus der Türkei angesiedelt werden sollen.

Tausende Menschen strömten binnen Stunden an die Grenze und sorgten für katastrophale Szenen. Hunderte übernachteten in der Kälte unter freiem Himmel, weil sie glaubten, Erdogan schenke ihnen die Freiheit in Europa. Doch so kam es nicht. So gut wie niemand wurde von den griechischen Polizisten sowie den Frontex-Einheiten der EU über die Grenze gelassen. Die Familien und jungen Männer fuhren wieder zurück in die anatolischen Städte – und warten auf die nächste Gelegenheit, nach Europa zu reisen.

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