Τρίτη 10 Μαρτίου 2015

ARD gönnt den Griechen einen Troika-Schauprozess


9/3/2015

Von Ulrich Clauß

Syriza-Werbe-TV im Ersten: In einer Dokumentation über die Troika wird die Griechenland-Rettung als Untat am griechischen Volk dargestellt. Die politisch verantwortlichen Griechen kommen nicht vor.

"Die Geschichte ist immer die Geschichte der Sieger", so wusste es schon Walter Benjamin. Aber das ist lange her. Außerdem konnte er das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen noch nicht kennen. Am Montagabend hätte Benjamin wohl seinen Augen nicht getraut. Da ging es nämlich gerade umgekehrt zu – jedenfalls ab 22.45 Uhr bei der TV-Geschichtsschreibung zur Griechenlandrettung. Da wurde nämlich Geschichte ausschließlich nach Lesart der Verlierer geschrieben.

"Die Spur der Troika, Macht ohne Kontrolle" hieß die als Dokumentation angekündigte Geschichtsstunde, eine Co-Produktion des RBB mit Arte im ersten Fernsehprogramm der ARD. Um gleich zu Anfang keine Zweifel an der Darstellungsabsicht und dem journalistischen Befund der Autoren Arpad Bondy und Harald Schumann aufkommen zu lassen, wird erst einmal die Geschichte der Griechenlandrettung im Schnelldurchlauf aus dem Off erzählt.

Und das geht so: Die Euro-Staaten wollten im Jahr 2010 Griechenland nicht bankrott gehen lassen, so heißt es, um deutsche und französische Banken zu schonen, die als Hauptgläubiger Athens den Verlust knapp 40 Milliarden Euro fürchten mussten.

Troika soll griechisches Volk entmündigen

Deswegen pumpte die Staatengemeinschaft Steuergelder ins griechische Finanzsystem. Milliardensummen, die aber beim einfachen Volk nicht ankamen. Im gleichen Zuge wurde und wird das Volk der Griechen bis zum heutigen Tage von demokratisch nicht legitimierten Bürokraten der Troika entmündigt, systematisch ruiniert, von der Gesundheitsversorgung abgeschnitten – mit einem Wort: entwürdigt. So der Film.

Das Ganze mutet an wie eine nachinszenierte Syriza-Schulung. Praktischerweise wird fast ausschließlich von Syriza-Vertretern und Gewerkschaftsaktivisten vorgetragen. Ganz vorneweg und in längeren Passagen der jetzige griechische Finanzminister Janis Varoufakis, der zum Zeitpunkt der Dreharbeiten noch als oppositioneller Wirtschaftsprofessor dozierte. Und wo im Film ein Übergang fehlt, hilft in gleichem Syriza-Zungenschlag der Sprecher aus dem Off aus. Zwischendurch dürfen griechische und portugiesische Arbeitslose, Pleite gegangene Gewerbetreibende und Lobbyisten des öffentlichen Dienstes über ihr bitteres Los klagen.

Wenn man dann denkt, dass man das alles schon einmal irgendwo gehört hat, kommt tatsächlich ein Vertreter der Treuhand – pardon – der Troika ins Bild. Wie ehedem von interessierter Seite der Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft als Folge der Wiedervereinigung umgedeutet wurde, werden von Selbstzweifeln geplagte Troika-Gehilfen als Kronzeugen angeblicher Brüsseler Missetaten präsentiert.

Wie in den frühen Nachwendejahren einige wenige der Tausenden von Treuhand-Mitarbeitern öffentlich an ihrer Sisyphos-Arbeit verzweifelten, gibt der Film jetzt im Falle Griechenlands handverlesenen Troika-Operateuren das Wort, die an politischen Widersprüchen verzweifeln.

Dass es solche Widersprüche gibt, dass ja tatsächlich erst nachträglich eine – zudem umstrittene – Rechtsgrundlage für den Griechenland-Bail-out geschaffen wurde, ist bekannt und wird in diesen tatsächlich aufschlussreichen Passagen des Films ausführlich dargestellt. Dass im Brüssel-Europa sich aber vor 2010 niemand hatte vorstellen können, wie die gesamte politische Klasse eines EU-Landes ihr eigenes Land über Jahrzehnte ausplündert und Brüsseler EU-Fördertöpfe gleich mit, das wird im Film komplett verschwiegen.

Griechenlands politische Klasse kommt ungeschoren davon

Stattdessen darf ein ehemaliger griechischer Minister für Verwaltung – aus Tätersicht also – ausführlich "würdeloses" Verhalten von Troika-Gesandten beklagen. Eine Nachfrage über seine eigene Verantwortung an der Malaise des Landes bleibt aus.

Der Co-Autor des Films, der Wirtschaftsjournalist und Bestsellerautor Harald Schumann, bekam für seinen Film "Staatsgeheimnis Bankenrettung" den Deutschen Fernsehpreis. In diesem Film hatte er sich um anschauliche Aufarbeitung komplexer politischer Versäumnisse und Fehlentwicklungen im weltweiten Finanzsystem bemüht.

Mit seinem jetzt vorgelegten Troika-Bashing-Epos aber schreibt er gewiss keine Fernsehgeschichte, sondern verfährt nach dem Motto – frei nach Walter Benjamin – "Die Geschichte ist immer die Geschichte der Täter". Die aber können sich freuen, denn sie – die politische Klasse Griechenlands – kommt in diesem TV-Schauprozess über die Troika praktisch nicht vor.

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